BDSM – die härtere Gangart

Spätestens seit „Fifty Shades of Grey“ ist jedem BDSM ein Begriff geworden, wobei man klar stellen muss, dass viele aktive BDSMler sich in keinster Weise mit dieser Filmreihe identifizieren können. Es ist nun mal nur ein Film und spiegelt lediglich einen minimalen Teil der Realität wider.

Was ist BDSM?

BDSM ist erstmal nur ein Akronym, eine Abkürzung für sehr viele verschiedene Arten der Sexualität. BDSM ist nicht nur die Gewaltausübung bei einem/r Sexpartner/in, BDSM ist derart facettenreich, dass man es nicht in kurzen Sätzen erklären kann.

Das Glaubensbekenntnis und selbst auferlegte Gesetz der BDSM-Szene lautet SSC. SSC steht für „safe, sane and consensual“, zu Deutsch sicher, gesund und einvernehmlich. Diesen Grundsätzen ist die Szene verpflichtet. Das heißt, mündige Partner lassen sich in gegenseitigem Einverständnis und freiwillig auf die verschiedenen Spiele ein. BDSM hat also rein gar nichts mit psycho-pathologischen Zuständen eines Realsadismus oder -masochismus zu tun. Ausgiebige Absprachen über Vorlieben, Abneigungen, Details und auch über medizinische Voraussetzungen sind vor allem vor den ersten gemeinsamen Erlebnissen üblich und unabdingbar.

BDSM-Spiele finden immer im Rahmen gemeinsamer Absprachen statt. Teilweise wird hierzu auch ein Neigungsfragebogen erstellt, wo man vorher klar angeben kann woran man Interesse hat und woran nicht. Im BDSM wird niemand tatsächlich zu etwas gezwungen, das er/sie nicht möchte – auch ein Rollenspiel mit Betteln und Flehen ist letztlich nur eine abgesprochene Szene in beider- oder mehrseitigem Einverständnis. Um jederzeit sicherzustellen, dass das Spiel einvernehmlich bleibt und keine Handlungen passieren, die eine Person nicht möchte, wird oftmals ein sogenanntes Safeword vereinbart, mit dem das Spiel (die „Session“) jederzeit unmissverständlich abgebrochen werden kann. Das Safeword ist dabei ein spezielles Wort (z.B. „Einhorn“), das in einem regulären Spiel nicht fällt, und das daher eindeutig und unmissverständlich für Abbruch steht.

BDSM

Das B steht für Bondage, also alles was mit der Fesselung des Partners zu tun hat. Wobei man auch hier wiederum sehr unterscheiden muss.
Es gibt zum einen die reine Fesselung, um einen Partner gefügig zu machen oder ihn/sie daran zu hindern, sich gegen eine Handlung zu wehren. Dies kann man beispielweise sehr gut bei der oralen Befriedigung oder auch der vaginalen Befriedigung mit einen Vibrator o.ä. verbinden.

Als Beispiel will ich hier folgendes benennen: Wenn ich meine Partnerin zu einem multiplen Orgasmus bewegen will, muss ich mich sehr anstrengen dies zu erreichen. Sie mit den Fingern, der Zunge und gewissen Sextoys zu befridiegen geht am Besten, wenn sie dabei so gefesselt ist, dass sie sich nicht dagegen wehren kann. Insbesondere, weil dies meist längere Zeit beansprucht ;).

Dann gibt es auch noch die Fesselung zur Bestrafung, oder zur Züchtigung. Genauso wie es auch den künstlerischen Aspekt gibt. Viele Menschen, so wie ich auch, verwenden Bondage als Kunstform. Hierbei möchte ich besonders auf die japanische Fesselkunst „Shibari“ hinweisen.
Hierzu gehe ich allerdings in diesem Beitrag näher drauf ein.

BDSM

Das D steht für Disciplin (Disziplin). Bei dieser Spielart geht es vorrangig um Regeln und Kontrolle . Der aktive Partner stellt Regeln auf und kontrolliert, dass diese von dem passiven Partner auch eingehalten werden. Die Regeln können sich dabei auf ganz unterschiedliche Bereiche erstrecken. So können sie beispielsweise ausschließlich im Spiel gültig sein oder aber in einem gewissen Rahmen Einfluss auf das alltägliche Leben haben. Ebenso weitläufig wie die Anwendungsbereiche sind auch die verschiedenen Arten von Regeln, beispielsweise während des Spiels eine bestimmte Anrede (z.B. „Herr“) für den aktiven Part zu nutzen. Eine nicht befolgte Regel kann als Anlass für eine Strafe dienen, eine befolgte Regel auch als Anlass für eine Belohnung. Die zuvor abgesprochenen Grenzen der (Spiel-) Partner*innen werden in jedem Fall beachtet, sowohl bei den Regeln als auch bei etwaigen Strafen. Ein solches Spiel hat nichts mit tatsächlicher Bevormundung zu tun, sondern geschieht in einem gemeinsam abgesprochenen Rahmen, der allen beteiligten Personen Erfüllung bereitet. Selbstverständlich können Regeln auch wieder aufgehoben oder verändert werden, wenn einer der Personen sie als nicht mehr passend empfindet.

BDSM

Das DS steht für Dominance and Submission (Dominanz und Unterwerfung). Bei dieser Spielart des BDSM wird ein freiwilliges und kontrolliertes Machtgefälle zwischen den miteinander spielenden Personen erzeugt und aufrecht erhalten. Der passive Part unterwirft sich dem aktiven Part und gehorcht diesem im Rahmen der vereinbarten Grenzen. Wie weit Unterwerfung und Herrschaft reichen definieren die beteiligten Personen(gruppen) für sich selbst; es gibt große Spannweiten in der Ausprägung. Einige stellen ihrem Gegenüber kleine Aufgaben, andere nehmen ihn beispielsweise an die Leine. Die Quellen des Lustgewinns sind ähnlich wie beim Bereich „Discipline“ und zumeist eng miteinander verzahnt.

Das Machtgefälle kann sich allgemein auf zeitlich abgegrenzte Spiele (sog. „Sessions“) beschränken oder auch mit in den Alltag übernommen werden. In letztem Fall spricht man von 24/7 – für 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche. Eine mögliche Ausgestaltung ist beispielsweise, dass die aktive Person das Gegenüber jederzeit spielerisch unterwerfen kann. Dies bedeutet natürlich nicht, dass einer der Personen dabei den eigenen regulären Alltag aus den Augen verliert, es geht vielmehr darum, sich durch kleine Gesten und eventuelle Regeln des stetig möglichen Machtgefälles bewusst zu sein. Eine verbreitete Variante ist dabei das dauerhafte Tragen eines Halsbandes durch die passive Person, welches Verbundenheit und die spielerische Hierarchie auch in Abwesenheit der aktiven Person symbolisiert.

BDSM

Das SM steht für Sadism & Maschism (Sadismus & Masochismus) . Im Bereich SM werden Praktiken angewendet, die dazu dienen, Schmerzen zu empfangen oder zuzufügen. Mit der gezielten Zufügung von Schmerzen und anderen intensiven Sinneseindrücken, kann man einen Lustschmerz empfinden, welcher dazu führt das der Körper sogenannte Endocannabinoide ausschüttet, welche mit einem Orgasmus verglichen werden können.

Die Praktiken dabei sind vielfältig: vom Schlagen mit der Hand oder diversen Instrumenten bis hin zu Spielen mit heißem Wachs oder auch Dingen wie Kneifen, Zwicken und Kitzeln. Der aktive Part zieht seinen Lustgewinn dabei entweder aus dem Zufügen von Schmerzen an sich oder aus den körperlichen Reaktionen des Gegenübers. Der passive Part kann sich dabei komplett auf die eigenen Eindrücke und Empfindungen konzentrieren, die dabei auch sexuell erregend sein können.

S/M-Spiele werden oftmals in Kombination mit anderen Praktiken wie beispielsweise Fesselungen oder Machtspielen ausgeübt und dienen dann exemplarisch der Machtdemonstration der aktiven über die passive Person. Die genaue Ausgestaltung eines Spiels ist ebenso individuell wie vielfältig und reicht vom Durchkitzlen des Gegenübers bis zu Hieben auf den Hintern als „Strafe“ für ein bestimmtes Verhalten. Selbstverständlich wird auch hier darauf geachtet, dass die Grenzen aller Beteiligten eingehalten werden und keine bleibenden gesundheitlichen Schäden entstehen.

Alle beschriebenen einzelnen Teilbereiche sind Reinformen, die in der Praxis nur schwer voneinander abgrenzbar sind, da sie nur selten allein ausgeübt werden. Meist wird mit einer Kombination verschiedener Praktiken und Teilbereiche des BDSM gespielt, z.B. Machtspiele oder Schläge verbunden mit Fesseln oder als Teil eines Rollenspiels.

BDSM kann auch ganz ohne Penetration stattfinden. Sex im eigentlichen Sinne ist also kein zwingender Bestandteil des BDSM. Alles kann, nichts muss!

Einen guten Überblick gibt auch der Wikipedia-Artikel zu BDSM, oder im Joyclub.

Beitragsbild von Engin Akyurt von Pexels