CNC – Consensual Non Consensual

BDSM basiert immer auf der gegenseitigen Einvernehmlichkeit, dem Konsens zwischen allen Parteien. Das unterscheidet BDSM von einer Gewalttat oder Übergriffigkeit, denn es bedeutet, dass alle mit den Handlungen einverstanden sind. In diesem Zusammenhang begegnet einem immer wieder das Kürzel CNC. Die Abkürzung CNC steht für “Consensual Non-Consent”, wörtlich übersetzt also dem “zugestimmten nicht Zustimmen”. 

Im Grunde geht es bei CNC also darum, dass etwas passiert was nicht explizit abgesprochen wurde. Meist handelt es sich dabei um Fantasien von einer Partei zu Sex, Diensten oder anderen Handlungen gezwungen zu werden. Es ist also der Wille, dass etwas gegen den Willen geschieht.

Eigentlich also ein Oxymoron, denn Konsens ist der wichtigste Pfeiler des BDSM. Dennoch ist diese Praxis oft Bestandteil eines D/s-Gefälles. Schließlich gibt man sonst einen Teil seiner Pläne preis, wenn vorher einzelne Handlungen oder Sessions besprochen werden. Zusätzlich geht es darum, dass viele Subs es sehr erregend finden, wenn sie nicht wissen was sie erwartet.

Dennoch setzt auch CNC immer voraus, dass vorher ausführliche Vorgespräche stattfinden, in denen Hard und Soft Limits explizit besprochen werden müssen. CNC ist kein Freifahrtsschein, keine universelle Genehmigung über freie Handlungen, die konsequenzenlos an einer anderen Person ausgeführt werden können.

Oft im Zusammenhang zu CNC wird von Metakonsens gesprochen. Das Wort “Meta” in Verbindung mit einem Substantiv drückt aus, dass sich etwas auf einer höheren Stufe oder Ebene befindet, darüber eingeordnet ist oder hinter etwas steht. Metakonsens könnte man dementsprechend ungefähr mit “Über-Einwilligung” oder “Pauschaleinwilligung” übersetzen. Das heißt, eine einmal gegebene Einwilligung zu Praktiken muss nicht für jede Session wiederholt werden. Damit erhält ein Part also die Pauschal-Erlaubnis diese konkreten Handlungen auch ohne Ankündigung durchzuführen. Damit ist Metakonsens nicht dasselbe wie CNC, auch wenn CNC nicht ohne Metakonsens vereinbart werden kann.

Und: Auch eine Pauschaleinwilligung ist widerrufbar und sollte am besten sogar kontinuierlich erneuert werden, um sicherzustellen, dass die Beteiligten immer noch dasselbe wollen.

Auch im CNC ist Sicherheiten wichtig

Auch bei Consensual Non-Consent, den zugrundeliegenden Konsens zuerst zu verhandeln, indem gezielt über Praktiken, Handlungen und Grenzen gesprochen wird. Denn die Zustimmung zu CNC bedeutet nicht die Aufhebung aller Grenzen! Ein Hard Limit ist auch hier unantastbar, bis dieses als auflösbar angezeigt wird. Gerade daher ist es wichtig, die gegenseitigen Vorstellungen ehrlich und offen zu kommunizieren. 

Auch in einem CNC-System ist ein Safeword wichtig. Während in vielen Szenarien ein Safeword als “unerotisch” gehandelt wird, so hat es hier einen besonders wichtigen Stellenwert. Denn wenn es um Zwangs-Fantasien geht, dann wird es oft zu Äußerungen wie beispielsweise “Nein, bitte nicht, das tut weh” kommen, die man hier ja auch provozieren will. Daher ist ein losgelöstes Safeword, dass nicht reflexartig in unangenehmen Situationen verwendet wird, absolut notwendig.

Die bekannteste Form von CNC ist Rapeplay, also die Nachstellung des Aktes einer Vergewaltigung als Rollenspiel. Eine Fantasie, die ausgerechnet bei Frauen relativ weit verbreitet ist. So gaben rund 30 bis rund 60 Prozent der Frauen in einer Erhebung über die Vorstellung eines erotischen Vergewaltigungsspieles von 2008 an, Fantasien zu haben, in denen sie zu sexuellen Handlungen gegen ihren Willen gezwungen werden. Von diesen wiederum haben 9 bis 17 Prozent Rapeplay als häufigste und liebste Fantasie angegeben. Diese Fantasien sind also nicht nur bei BDSM-Praktizierenden, sondern ebenso bei Vanillas verbreitet.

CNC kann aber auch einzelne Handlungen involvieren, die vorher nicht abgesprochen wurden, wie etwa das Anlegen von Gags, Plugs, Klemmen oder auch Fesseln. Es kann dazu gehören, den Zeitpunkt oder den Ort, zum Beispiel bei einer Outdoor-Session beliebig zu bestimmen. Oder auch die Einleitung einer Session durch bestimmte Gesten oder Handlungen.

Das Zerreißen von Kleidung kann oft ein guter Einstieg sein. Aber auch Fremdbenutzung oder ähnliches. Die Ausübungen von Somnophilie, also sexuellen Handlungen an einer Person, die schläft, nicht klar ansprechbar sind, oder ähnliches gehört ebenfalls zum CNC. Es gibt also auch weniger gewaltsame Einstiege. 

Die Verantwortung beim CNC

Bei CNC stellt sich auch schnell die Frage, bei wem die Verantwortung liegt. Wenn die submissive Person nicht reflektierte Grenzen aufstellt, dann läuft diese schnell Gefahr verletzt zu werden. Auch muss beachtet werden, dass es nicht immer leicht fällt, sich gegen einen Partner zu wehren, da es sich ja um eine bestimmte und dezidierte Handlung gegen diese handelt. Bei vielen CNC-Spielarten ist Wehren und Unwillen klar erwünscht und macht den Reiz aus. Dennoch handelt es sich um Handlungen mit einer nicht zustimmende Person, auch wenn es im Konsens passiert.

So wird zum Beispiel eine Täter-Opfer Situation geschaffen, indem die dominante Person die devote Person bewusst zu Boden drückt und ihr die Kleider zerreißt. Dabei wehrt sich diese wahrscheinlich physisch und verbal und zeigt emotionale Zeichen. Diese innere Hemmschwelle zu überwinden kostet Kraft.

Es gilt also auch, eine Eigenverantwortung geltend zu machen. Auch ein Dom:me braucht Aftercare, gerade wenn starke Äußerungen wie “Nein”, “Ich will das nicht” oder “du tust mir weh” gefallen sind. Wenn außerdem beide Parteien in einer engen Beziehung zueinander stehen, kann ein Konflikt dadurch entstehen, wenn eine Person, die andere verletzt oder überwältigt, während diese sich ausgesprochen zur Wehr setzt. Es könnte sogar das gegenseitige Vertrauen verletzen oder zur Entstehung von Ängsten führen. Die möglichen Folgen solcher Handlungen sind einfach andere, als bei einer gewöhnlichen Session.

All dieser Umstände, Konsequenzen, Effekte und ihrer möglichen Ausmaße müssen sich die Beteiligten, vor allem aber die Dom-Person sehr bewusst sein und umsichtig mit diesem Bewusstsein umgehen. Die eigenen Grenzen sowie die des Gegenübers müssen umfassend eingeschätzt werden können, um Risiken so gut wie möglich zu minimieren. Denn als Dom befindet man sich bei diesen Spielarten oft in der Täterrolle.